15. Skåbu – Geilo

„Winter is here.“/// Valdres – a box of rain

Skåbu. Jothunheimvegen. Vor 2 Jahren hatte ich hier meine erste Wanderung.
Mit einer Karte aus der DDR und keinen blassen Schimmer von DNT.
Heute weiss ich dass wir ca 1km vor Oskampen auf einem Hügel in einem Sturm Zelten mussten. 1km von dem warmen Jøtul Ofen.

Mein Plan war es am Dienstag von Skåbu nach Sikkidalseter zu laufen & dort im Zelt zu nächtigen. Von dort aus sollte es in eines der highlights meiner Reise gehen. Über den Bessegengrat am Gjendesee vorbei.
Da ich am Montag allerdings überhaupt nicht fit war entschied ich mich für einen zweiten Ruhetag in Skåbu auf dem Campingplatz von Arne & Arnhild. Ein 500g Steak haute ich mir in den Ofen zusammen mit Ofengemüse.

Den ganzen Tag hatte ich Gewissensbisse da für morgen sehr viel Niederschlag gemeldet war und es geschickter gewesen wäre nach der feuchten Zeltnacht & dem marsch durch ein warmes Zimmer in Gjendesheim zu haben.
Frederik gab mir dann den Hinweis lieber über die DNT Hütte Oskampen zu gehen und von dort aus in 10-12h über Sikkidalseter an den Gjendesee.

Oskampen hatte ich ausser Acht gelassen da ich die 5h zusätzlich nicht als sinnvoll erachtet hatte. Doch mit dem Niederschlag klang eine warme Hütte auf einmal ganz vorteilhaft.
Also lief ich Dienstag im Regen los, folgte der Strasse und telefonierte mit Maik der sich entschieden hat nach einer ausgekugelten Schulter an der Dividalshytta seine Tour zu beenden und einen Arzt aufzusuchen.

Ab 900m wurde aus Regen Graupel, aus Graupel Schneeflocken.

Als Hansjörg vor einigen Monaten hier entlang ist hat er mir von einem WC Häuschen erzählt und eben dieses war für mehr als eine Stunde mein Refugium. Alle meine Klamotten waren im Regen&Schnee nass geworden und so sahs ich zitternd auf dem Klodeckel und wärmte mich an meiner Gaslaterne auf.

Draussen lagen mittlerweile über 50cm Schnee, Oskampen war noch 8km entfernt & die letzten 3km würden mich auf 1200m führen. Die umliegenden Gipfel waren nicht zu sehen, ebensowenig wie die roten Markierungen.

Mehrmals legte es mich der Länge nach hin und ich konnte mich mit den Armen fangen bevor ich mit dem Gesicht auf die verschneiten Steine krachte.

„Ans Feuer, ans Feuer“ wurde mein Mantra.

I don’t mind the snow. Solange ich mehr als 50cm und Schneeschuhe habe um nicht in die Felsspalten zu geraten. Hier waren auch keine Markierungen mehr sichtbar und so folgte ich meinem Instinkt und dem was ich mich aus der Tour vor zwei Jahren zu erinnern glaubte. Es wurde dunkel doch Schnee reflektiert und so irrte ich umher, meine Navigation auf dem Handy war leicht unterkühlt & führte mich an der Hütte vorbei. Als ich das realisiere war ich bereits wo ganz anders mal wieder auf allen vieren. Es war sehr anstrengend und als ich die Hütte nach 11h erreichte und dort sogar meinte ein Lichtlein zu sehen (man bildet sich oft ein was man gerne hätte), war ich heilfroh dass die Hütte tatsächlich bereits von einer Familie aus Tschechien bewohnt und beheizt war.
Die drückten mir erstmal eine Tasse Tee in die Hand bevor ich in der Lage war ihnen von meinem Tag zu erzählen.
Am Wochenende steigen die Temperaturen auf fast 10 Grad und Bessegen wäre sicher machbar. Doch ich kann nicht warten.

Dies war noch nicht der Wintereinbruch eher eine kurzfristige Wetterkapriole die auch meine Gefährten die in Rondane/ Trollheimen & Dovrefjell unterwegs sind „eiskalt“ erwischt hat.

Doch der Winter naht und ich würde gerne aus dem Setesdal schneefrei absteigen.

Also werde ich mich jetzt Tag für Tag den Verhältnissen entsprechend nach Geilo hangeln und versuchen flexibel zu bleiben was wohl das sinnvollste momentan ist.

Am nächsten Morgen prüfte ich meine Karten, Bessegen war definitiv vom Tisch.

Mir blieb also nur der Jothunheimsvegen übrig, über den ich in 2 Tagen in Beito sein könnte.

Das Wetter war so ziemlich herrlich scheusslich; nass und kalt.

Bei solchen Bedingungen zelte ich nie gerne, da ich weiss wie unangenehm der nächste Morgen im feuchten Zelt ist.
Ich beschloss so weit zu laufen wie nur irgend möglich und als es langsam dunkel wurde hielt ich einen Pick up an und bat die beiden Jäger meinen Rucksack ein  Stück mitzunehmen.

Dummerweise wurde es rasch dunkel, der Nebel schluckte alle Konturen und ich fand ihn 2h später kaum wieder.
Die beiden Jäger verwickelte ich ein Gespräch und Torbjörn bot mir nach einigen Bier an in der Scheune zu schlafen was mir mehr als recht war.

Am nächsten morgen wusste ich erst nicht wo ich mich befinde, erst als ich die Flinte sah wusste ich es wieder. Bei den beiden bedankte ich mich und setzte meinen Weg fort.

Der Nebel hatte sich gelichtet, allerdings war es ein weiterer trister Tag.
Ich fühlte mich gut und hatte mir in den Kopf gesetzt bis Beito zu laufen.

5 Sekunden nahdem dieses Foto aufgenommen wurde, fiel mein nagelneues Iphone zu Boden und zerschlug dabei den Display. Nr. 2..

5 Sekunden nahdem dieses Foto aufgenommen wurde, fiel mein nagelneues Iphone zu Boden und zerschlug dabei den Display. Nr. 2..

Ich kam am alten Boot welches im Sommer über den See fährt vorbei, doch die MS Gjende lächelte nur müde im Nebel.

Beito ist eine der Grössten Hüttensidlungen in Norwegen, doch man sieht sofort, dass hier ein gewisses Budget nötig ist.
ich plündere Pepes Pizza Buffet, trinke eine cola und entscheide dann weiterzulaufen, der Trubel ist mir zuviel.

Oberhalt des Ortes soll es eine Offene Grillhütte geben mit Holz und einer Pritsche. Das wäre Fantastisch.
Mein Tacho zeigt heute bereits über 30km an und dennoch laufe ich bergauf in den Wald. Immer wieder bleibe ich stehe und betrachte die weissen Riesen Jothunheims hinter mir. An manchen Tagen kann ich nicht fassen wie weit ich gelaufen bin.
Es ist wie verhext, die Grillhütte ist nicht auffindbar. Ziemlich angefressen schlage ich mein Zelt auf.

Alles ist klamm. Alles ist nass. Meine kleine Gaslaterne tut ihr Bestes um das Zelt etwas zu trocknen, vergeblich.
Das ist bereits der siebte Regentag.

Das Gebiet auf welches ich mir zubewege heisst Vang i Valdes.
Ich habe keinerlei Karten hierzu, es ist sehr dicht bewaldet und wirkt auf mich wie der heimische Schwarzwald.
Ich laufe unter den hohen Kiefern, puzzel mirtagein tagaus aus Forstwegen, Ski Loipenn und Wildwechseln meinen Weg Richtung Gol um von dort aus nach Geilo zu gelangen.
Mit meiner Umwelt verschmelze ich. Mehr Tier als Mensch. Innere Stille.
In mir wird es immer stiller, dieser Wald lehrt mich Akzeptanz.
Zu akzeptieren dass ich nur einen Plan für heute habe, dass ich seit Tagen nass bin, mein Rucksack und alles darin schwarze Schimmelflecken bekommt sowie die Akzeptanz, dass all dies in Ordnung ist.
Das Valdres wird mich nie loslassen.
Es hat mich wahre Demut gelehrt.

Bis heute weiss ich nicht wirklich welche Route ich genommen habe, doch als ich irgendwann wieder auf eine befestigte Strasse traf und hinter mir die Wälder sah, lächelte ich.
Mein nächstes Ziel war das Golsfjell.
Unterwegs stiess ich auf ein wirklich schräges veganes Hipster Yoga Retreat welches von Volunteers geführt wird.
Sie diskutierten hin und her und am Ende teilten Sie mir mit, ich könne nicht im Gebäude schlafen.
Das war am elften Regentag – Ja Danke für nichts.
Allerdings tat es gut, mal wieder unter Menschen zu sein auch wenn der amerikanische Schnösel bei Schach ein ziemlicher Klugscheisser war.

Ein weiterer kalter nasser Morgen.

Hinter mir sehe ich deutlich den Schnee auf den Jothunheimen.
Es wird ein Wettlauf gegen den Winter.
Ich hatte Glück in der Rondane, die Jothunheimen gingen an ihn; 1:1 unentschieden.
Zwei Gebirge hatte ich noch, die Hardangervidda, die mir echt Sorgen bereitete und die Vestheiane im Setesdal.

Ich machte mich auf und folgte dem Weg welcher früher als Milchweg bekannt war, da alle Milchbauern ihn für den Abtrieb im Herbst nutzten. In einer Regenpause, kochte ich mir einen Kaffee und genoss den Ausblick.

In drei weiteren Tagen lief ich über das Golsfjellet nach Ol-Hol-Gol. An meinem vierzehten Regentag erreichte ich die stark befahrene Strasse nach Bergen. Hier machte ich eines der schönsten Bilder meiner Reise

Anne-Marit die mir auf der Nedrefosshytta ihre Nummer gegeben hatte („call me if you make it to Geilo), gabelte mich an der Strasse auf (dieses Stück bin ich nicht gelaufen) und bewirtete mich herzlich. Ich durfte duschen, schlief in einem weichen Bett und war zum ersten mal seit langem wieder trocken.

Ich bedankte mich bei meiner Gastgeberin am nächsten Morgen und drückte auf die Tube um nach Geilo zu kommen.
Natürlich nicht ohne meinen Liter Milch.
1l Milch+350g Kuchen= 3000Kcal..

Geil. Geiler. Geilo!

Irre dass ich es bis hierher geschafft hatte.
Die Hardanger war vom Schnee verschohnt geblieben, doch es lag in der Luft.
Ich bezog eine Hütte auf dem Camping und nahm jede meiner 47 Sachen mehrfach in ie Hand um einige Dinge nach Süden zu schicken.
Ich wollte leicht und schnell sein, also musste u.a. auch die Angel weichen.
Als meine Pakete verpackt & verschickt waren, suchte ich mir die schnellste Route über die Hardanger raus.

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